Die hier gezeigten Theresienthaler Gefäße erinnern an kobaltblaue Gefäße in venezianischem Stil, wie sie Bruno Mauder
als Direktor der Glasfachschule in Zwiesel entworfen hate und die beispielsweise von der Regenhütte ausgeführt wurden
(Vergl. hierzu die Preisliste der Krystallglasfabrik vorm. Steigerwald Regenhütte, Max Burmester und Marianne Streber-Steigerwald,
Leipzig o.J., Seite 52-60 (BayHStA 41981, auszugsweise nachgedruckt in Katrin Schöne-Chotjewitz, Die Fachschule für
Glasindustrie in Zwiesel unter der Leitung von Bruno Mauder (1910 - 1948), Schriften des Passauer Glasmuseums Band 2,
Passau 1997, S. 114ff..) In der besagten Preisliste hat Bruno Mauder selbst die Entwürfe gekennzeichnet, die er für die
Regenhütte angefertigt hat.). Hier zunächst zwei Abbildungen aus der Zeitschrift Die Kunst vom März 1915 (Seite 191),
die gleichartige Gefäße von Bruno Mauder zeigen:
Formähnliche Gefäße in Kobaltblau, aber auch in Violett und in farblosem Glas, wurden auch von Carl Rehm entworfen und
von der Firma Franz Steigerwald's Neffe auf der Deutschen Werkbundausstellung in Köln 1914 ausgestellt, und sie waren
auch 1918 noch aktuell:
Abbildung in: Deutsche Form im Kriegsjahr, Die Ausstellung von Köln 1914, München 1915, Seite 94
Abbildung in: Kunst und Handwerk, München 1918, Seite 20
Wo die Firma Steigerwald`s Neffe die von Carl Rehm entworfenen Gläser hat produzieren lassen, war lange unbekannt.
In der "Neuen Sammlung - Design in der Pinakothek der Moderne, München" wird eine kobaltblaue Schale allerdings
wohl aufgrund des Inventarverzeichnisses folgendermaßen
zugeschrieben: "Karl (sic!) Rehm, Schale, Glasfabrik Theresienthal, um 1915. Foto: Die Neue Sammlung (A. Laurenzo)".
Das Foto dieser Schale ist im Internet veröffentlicht auf der Website "Jean-Beck.de":
Kobaltblaue Schale, Carl Rehm.
Diese Schale trägt eine Marke von Carl Rehm, mit der offenbar die von ihm entworfenen und von Franz Steigerwald`s
Neffe vertriebenen kobaltblauen Gefäße gekennzeichnet wurden:
Das Inventarbuch der Neuen Sammlung nennt als Produktionsstätte für mehrere von Carl Rehm entworfene Gefäße, ebenso wie für einige in der
Sammlung vorhandenen vergleichbaren Gefäße seiner von ihm geschiedenen Ehefrau Wenz-Vietor, die Glasfabrik Theresienthal.
Somit sind erste Dokumente gefunden, die eine Verbindung von Carl Rehm über Steigerwald`s Neffe zu Theresienthal belegen.
(Mein Dank gilt Fr. Dr. Riemann für die freundlichen Auskünfte!)
Währenddessen sind alle bislang nachweislich Theresienthal zuzuschreibenden kobaltblauen Gefäße mit der hier
beschriebenen Theresienthaler Ätzmarke versehen worden.
Folgendes Szenario ist nun wahrscheinlich:
Die Firma Steigerwald`s Neffe hat die von Carl Rehm entworfenen Gefäße in Theresienthal
produzieren lassen, und neben dieser Linie für Steigerwald`s Neffe wurde in Theresienthal eine zweite Linie
kobaltblauer Gefäße produziert (von wem auch immer entworfen), die im eigenen Namen verkauft wurden. Denn wenn man schon
in solchem Glas gearbeitet hat, was liegt da näher, als selbst eine Serie von Gefäßen in dieser Farbe aufzulegen, zumal
diese Gefäße um die Zeit des ersten Weltkriegs herum offenbar recht beliebt waren. Wer für Theresienthal die Entwürfe
geliefert hat, oder ob Hans von Poschinger selbst die Entwürfe gefertigt hat, bleibt bislang unklar.
Im Januar 2011 wurde dem Autor dieser Seite eine Theresienthaler Preisliste aus der Zeit des ersten Weltkriegs bekannt,
die einen Teil der hier abgebildeten kobaltblauen Gefäße mit der entsprechenden Marke listet und darauf hinweist, dass
diese Formen auch in Grün, Violett und Kristall erhältlich sind.
Hier drei Gefäße in Violett, alle drei Gefäße tragen die Marke von Carl Rehm:
Hier folgen (nicht nur kobaltblaue) Gefäße, die nachweislich aus Theresienthal stammen und mit dem Signet der Glashütte verkauft wurden:
Vase; Ätzmarke "TH" im Spitzenrand; ca. 1913-1920.
Vase mit Deckel ca. 33 cm hoch; Ätzmarke "TH" im Spitzenrand; ca. 1913-1920.
Vase ca. 23,1 cm hoch, oberer Durchmesser ca. 8,4cm; Ätzmarke "TH" im Spitzenrand; ca. 1913-1920.
Vase ca. 17,5 cm hoch; Ätzmarke "TH" im Spitzenrand; ca. 1913-1920.
Vase ca.15,8cm hoch,die Öffnung hat einen Durchmesser von ca.9,3cm, fünf verschiedene florale Muster
wurden graviert und vergoldet; Ätzmarke "TH" im Spitzenrand; ca. 1913-1920.
Schale, ca. 5,5cm hoch, oberer Durchmesser ca. 15cm; umgeschlagener Rand, rippengeprägter Faden;
Ätzmarke "TH" im Spitzenrand; ca. 1913-1920.
Vase, ca. 21,8cm hoch, oberer Durchmesser ca. 15cm; im balusterartigen Hohlschaft zwei rippengeprägte
Scheibennodi; Ätzmarke "TH" im Spitzenrand; ca. 1913-1920.
Vase, ca. 17,2cm hoch, Dekor in Email und Gold; trägt Ätzmarke "TH" im Spitzenrand; ca. 1913-1920.
Fußschale mit Deckel, Höhe ca. 22cm; dunkelblaues Kobaltglas, unterhalb des Deckelknaufes rippengeprägte Scheibe als
Erinnerung an die Verzierungen der alten deutschen Gläser. Die Schale trägt unterhalb des Fußes eine Ätzmarke "TH" im
ovalförmigen "Spitzenrand".
Die hier gezeigten kobaltblauen Gefäße werfen noch Fragen auf:
1. Die Ätzmarke, die sich auf diesen Gefäßen befindet, lässt sich bislang nur auf vergleichbaren Gefäßen
nachweisen. Daher sieht es z.Zt. so aus, als sei diese spezielle Marke nur zur Kennzeichnung dieser speziellen
Gefäße verwendet worden. War der Grund dafür, dass diese Gefäße ohne diese spezielle Kennzeichnung (zu) leicht verwechselt worden wären, etwa
mit den sehr ähnlichen Gefäßen Bruno Mauders oder Carl Rehms?
2. Welcher Entwerfer zeichnet für diese Gefäße mit Theresienthaler Marke verantwortlich?
Diese Fragen werden sich nur beantworten lassen, wenn Dokumente aufgefunden werden, in denen die entsprechenden Gefäße
nachweisbar wären.