Zur Entwicklung der traditionellen Glasform des Römers kann an dieser Stelle nur eine kurze
Einführung gegeben werden. Wer sich mit dieser Thematik intensiver befassen möchte, dem sei
die grundlegende Arbeit von Theuerkauff-Liederwald, Der Römer, Studien zu einer Glasform, in: Journal of Glass Studies, 10, 1968,
S. 114 -155 und 11, 1969, S. 43 -69, zur Lektüre empfohlen.
Die ersten auch als Römer bezeichneten Gläser, zunächst in den Niederlanden als „Berkemeyer"
bekannt, stammen aus dem 16. Jahrhundert.
Sie besaßen einen trichterfömige, konische Kuppa auf einem nuppenbesetzten Mittelteil und
einem tropfenförmig ausgezogenen Glasfaden als Fuß. Von zierlichen etwa 7 cm hohen
Trinkgefäßen entwickelten sie sich später zu ca. 20 cm hohen Humpen mit großem Fassungsvermögen.
Dabei wurde der ursprüngliche Fuß wurde durch einen gesponnenen ersetzt, der an Höhe etwas zunahm.
Hierzu wurde ein erhitzter Glasfaden auf eine konische Form aus Holz oder Metall aufgewickelt. Es finden sich aus dieser Zeit
aber auch Römer mit glattem Fuß, für den ein Glasposten auf einer konischen Form geformt wurde.
Abbildungen aus:
Glashaus-Spiegelberg
Im Laufe der Entwicklung wird die Wandung der Kuppa schon im 16. Jahrhundert leicht gebogen,
so dass die Kuppa sich vom Mittelteil etwas absetzt und schließlich als selbständiges Element im Gestaltaufbau auftritt.
Bestanden zunächst beide Römerformen (jene mit konischer und jene mit schalenförmiger Kuppa) nebeneinander, erhält der Römer
zu Beginn des 17. Jahrhunderts bereits die Form, die heute als typisch gilt: gesponnener, konischer Fuß; zylindrisches,
nuppenbesetztes Mittelteil, große gerundete Kuppa. Auch das Mittelteil erhält in dieser Zeit sein typisches Aussehen:
Die spitzen ausgezogenen Nuppen wandeln sich zu den mit einem Stempel gepressten Beerennuppen. Der Römer mit konischer Kuppa
ist schließlich im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts verschwunden. Neue Römertypen entstanden nunmehr durch die Veränderung
der Proportionen von Fuß, Mittelteil und Kuppa.
Ein entscheidender Schritt war die Entwicklung der zum Mittelteil geschlossenen,
also aus einer zweiten Glasblase aufgesetzten Kuppa. Wurden zuvor Kuppa und breit
angelegtes Mittelteil aus einer Glasblase
geformt und gestalterisch als Einheit betrachtet, eröffnet die zum Schaft geschlossene
Kuppa neue Möglichkeiten der Gestaltung.
Nicht mehr Kuppa und Mittelteil werden als Einheit betrachtet, sondern Mittelteil und
Fuß bilden den Stiel, auf dem die Kuppa ruht.
So wird hier die Grundlage zu einer Entwicklung gelegt, die von der ursprünglichen Römerform zu dem als
"Römer" begriffenen Stengelglas führt und auf ihrem Weg zugleich zahlreiche Variationen der Römerform, auch unter Aufnahme
von Elementen anderer Gefäßformen, ermöglichte.
Nicht nur muss der Schaft jetzt nicht mehr der
Aufnahme des Weins dienen, auch können Kuppa und Schaft in verschiedenen Farben gehalten sein, - die farblose Kuppa wird möglich!
Schriftliche Quellen verzeichnen vor allem im Rheinland und in den Niederlanden den Gebrauch von Römern als bevorzugtes Glas
für Weißwein. Als Gebrauchsgläser wurden sie in großen Mengen aus einer Glasmasse hergestellt, bei deren Mischung und Wartung
weniger Sorgfalt aufgewendet wurde und die daher entsprechend billig ausfiel. Die typische grünliche Färbung der Glasmasse
entstand als Folge des natürlichen Eisengehalts der Rohstoffe der alten Waldglashütten, Sand und Pottasche, und war zunächst
ein Zeichen minderer Qualität. In späteren Zeiten wurde sie aber als dekoratives Element geschätzt und verhinderte
zudem, dass Trübungen, die zu dieser Zeit im ungenügend stabilisierten Weißwein durchaus häufiger vorkamen, das Auge und somit
den Genuss des Weintrinkers beeinträchtigte.
Vier formale Elemente machten den Römer bis zur Biedermeierzeit aus: konischer, gesponnener (oder „optisch geblasener") Fuß,
deutlich abgesetztes zylindrisches Mittelteil, Nuppen und die eiförmige Kuppa.
So sehr die Kollektion der Glashütte Theresienthal im Bereich der Römer von Kontinuität geprägt ist,
so bedauerlich erscheint es, dass der Glasform des Römers (immer noch) keine neuen Wege in
die Zukunft gebahnt werden. Dabei müsste sich zwischen den Pressglasrömern der Weinstuben und
Souvenierläden einserseits und den mundgeblasenen Kostbarkeiten im Design längst vergangener Zeiten andererseits
doch genügend Raum für handgefertigte Römer mit Kuppaformen, die den Ansprüchen des modernen
Weintrinkers genügen, finden. Leider wird diese Herausforderung, ein neues Kapitel für die
Glasform des Römers zu schreiben, nicht angenommen.